Chapter 1

 
Dark Poker

 

Epilog:

 

Sachiko und ihr Mann Shane sassen im Auto, auf dem Rücksitz Alec, ihr fünf Jahre alter Sohn. Die kleine Familie war auf der Rückreise von ihren Ferien in Japan. Ein mehrstündiger Flug lag hinter ihnen, als sie schliesslich am Flughafen von Wilmington gelandet waren, dort ihr Auto abgeholt hatten und los gefahren waren.

Regen prasselte auf die Autoscheibe und die Scheibenwischer glitten schnell von einer Seite zur anderen, und wieder zurück. Der Wind peitschte um den Wagen herum und es schüttete wie aus Eimern. Shane konnte alles was vor ihm passierte kaum noch erkennen, gab sich aber alle Mühe nicht vom Weg abzukommen. Holpernd fuhr das Auto durch eine Seitengasse, die mit Pflastersteinen bedeckt war. Langsam rollte das Auto den engen Weg entlang.

 

„Kannst du die Scheibenwischer nicht schneller stellen?“, wollte Sachiko von ihrem Mann wissen, „man sieht ja fast nichts!“ Shane schüttelte den Kopf: „Sie laufen schon auf höchster Stufe.“ Blinzelnd versuche er durch die Wasserflut auf der Frontscheibe zu blicken. Abermals krachte etwas und Sachiko schrie auf, doch meistens war es nur ein Fenster, welches durch den Wind zu geschlagen wurde. Langsam steuerte Shane den Wagen um eine Kurve und dann wieder gerade aus. Auf beiden Seiten des Autos ragten Bäume in die Höhe, die vom Wind kräftig ins Taumeln gebracht wurden. Es blitzte und donnerte abermals, doch der kleine rote Volkswagen fuhr unbeirrt den Waldweg entlang.

„Schatz, wir sollten nicht durch den Wald fahren! Lass uns umdrehen und eine andere Route wählen. Mir ist das nicht geheuer…“, flüsterte Sachiko. Shane nahm eine Hand vom Lenkrad und berührte damit ihre Wangen. „Alles ist gut.“, sagte Shane und blickte seiner Frau kurz ins Gesicht, bevor er sich wieder der Strasse zuwandte. „Du brauchst keine Angst zu haben, ich bringe uns alle wohlbehalten nach Hause zurück.“ Sachiko schmunzelte und warf ein Blick über die Schulter, um nach Alec zu sehen.

„Er schläft“, teile sie ihrem Mann mit, „er ist so süss wenn er in seine Träume versunken ist… Weißt du noch Shane, als wir ihn das erste Mal in den Kindergarten gebracht haben, wo er sich aber schlicht und einfach geweigert hat, ohne uns dort zubleiben?“ Ein leises Kichern kam aus ihrem Mund. „Ja“, antwortete Shane, „und wir sind den ganzen Tag dort geblieben und haben mit ihm gespielt.“ – „Die Kindergärtnerin hat gemeint, wir sollen ihn in Ruhe lassen, dass er sich mit anderen Kindern anfreundet und es ihm am nächsten Tag gelingt, sich von uns zu trennen.“, fügte Sachiko hinzu. „Und das jeden Tag. Alec wollte uns partout nicht verlassen und erst nach einem halben Monat, konnten wir ihn bis zum Gartentor des Kindergartens begleiten und uns dann von ihm trennen. Dies ging so weiter, bis er selbstständig seinen Weg zum Kindergarten lief.“

Shane lachte laut und warf den Kopf in den Nacken: „Du hast recht, unser kleiner Junge hat ganz schönes Theater gemacht, aber jetzt ist er ja schon gross.“ – Na ja, für mich ist er immer noch klein, aber ich freue mich schon auf seine erste Freundin, die er mit nach Hause bringt.“ – „Na, all zu lange musst du ja nicht mehr warten, er wird sicher ein Frauenschwarm sein.“, sagte Shane. Sachiko schmunzelte und gab Shane einen Kuss auf die Wange, dann schaute sie wieder nach vorne durch den Wasserschleier hindurch.

Ein weiterer Donnerschlag folgte dem leuchtenden Blitz und der laute Knall weckte Alec, der sofort zu weinen begann. Kleine Tränen kullerten über seine Wangen, aber Sachiko fing sie mit dem Zeigefinger auf, bevor sie den Boden berühren konnten. Sie hauchte ihm ein paar zärtliche Wörter in Ohr, wie: „Keine Angst, ich bin ja da.“ Als Alec`s Weinen langsam leiser wurde, begann sie zu singen:

 

„Siehst du doch, da vorne steht`s. Wirst du immer bei mir sein, hast du geglaubt, ich würde dich jemals verlassen. Oho, nein…

Blick auf zu Sternen sie werden bei dir sein. Sie wachen über dich und bewahren dich vor schlimmen Dingen.

Schlaf nun ein mein Kind, du brauchst nicht wach zubleiben. Wir alle wachen über dich und lassen dich nie allein…“

 

So fuhr sie fort und Alec fiel wider in einen ruhigen Schlummer. Sachiko drückte ihm einen Kuss auf die Stirn und wandte sich wieder nach vorne. „Du bist eine tolle Mutter.“, säuselte Shane, nachdem er sich versichert hatte, das Alec genügend tief schlief, um nicht wieder aufzuwachen. „Danke…“, entgegnete Sachiko, „aber du bist auch ein guter Vater und Mann.“ Ihre Augen klimperten, als sie dies hinzufügte. Am liebsten hätte Shane sie sofort in seine starken Arme geschlossen, aber er durfte das Lenkrad nicht loslassen, denn im Augenblick war die Strasse so ungleichmässig, dass er einige Schwierigkeiten hatte, nicht immer näher an die Bäume zu geraten.

Shane nahm den Fuss vom Gaspedal, weil er gerade nichts erkennen konnte. Der Wagen wurde langsamer, bis er schliesslich zum Stehen kam. „Was ist?“, fragte Sachiko. „Ich sehe rein gar nichts und der Boden ist aufgeweicht, sodass es nicht mehr lange dauern kann, bis eines der Räder in den Boden einsinkt.“ – „Aber wir können auch nicht einfach hier warten, bis der Regen aufhört! So wie es im Moment schüttet, bezweifle ich, dass es nachlässt.“, widersprach Sachiko. Shane nickte und fuhr an, doch noch keine zwei Meter waren sie gefahren, als sie ein lautes Puffen hörten, der Motor aufheulte und schliesslich versagte. „Darf denn das wahr sein.“, seufzte Sachiko und hielt sich die Hände an den Kopf. „Ich gehe nachschauen. Vielleicht ist eine Schraube locker, oder ein Schläuchlein ist geplatzt. Das kann vorkommen, wenn das Auto überfordert ist und unseres ist ja sowieso nicht mehr das was es einmal war.“

 

Shane klappte die Autotür auf und stieg in die rauschenden Fluten des Regens. Die Jacke über den Kopf haltend, öffnete er die Motorhaube, um nach dem Rechten zu sehen. Einige Minuten, stand Shane im Regen und musterte das Gewirr von Schläuchen, Ventilen und Dingen, die er nicht benennen konnte. Sachiko widmete sich derzeit Alec, die ihn fest in eine warme Decke wickelte und mütterlich ansah. Nach einiger Zeit, löste sie ihre Augen von Alec und drehte sich, um Shane ins Visier zu nehmen, der immer noch eifrig am Motor herum schraubte. Sie erspähte zwei kleine Lichter, weiter hinten in der Strasse, die rasend schnell näher kamen. Zuerst waren es nur kleine Flecken, dann wurden sie in atemberaubender Geschwindigkeit grösser, bis Sachiko die Scheinwerfer eines entgegenkommenden Autos erkannte.

Sie schrie Shane etwas zu, doch der konnte sie durch den prasselnden Regen nicht verstehen und schaute sie nur verwirrt und fragend an. Als Sachiko mit fuchtelnden Händen Shane bedeutete, dass er nach hinten schauen musste, wandte er sich um und erstarrte. Das entgegenkommende Auto, machte keine Anstalten langsamer zu werden, sondern legte nochmals einen Gang zu. Es raste auf den Volkswagen der Familie zu, Shane wollte schon zur Seite springen, aber da seine Schuhe in den schlammigen Boden eingesunken waren, fiel er hin. Sachiko kreischte und hielt sich die Hände vor das Gesicht, als wolle sie mit dieser Bewegung das Auto verschwinden lassen.

Der Raser steuerte sein Auto direkt auf die Familie zu und bevor sich Shane aufrichten und aus dem Weg hechten konnte, krachte das entgegenkommende Auto mit voller Wucht gegen Shanes Rücken. Shane wurde nach vorne geschlagen, knallte mit dem Kopf gegen die Frontscheibe, sein Körper wurde zu Brei gemahlen und die Front des Autos eingedrückt. Sachiko und Alec wurden nach vorne geschleudert. Blut quoll aus Shanes Mund, welches die Scheibe hinab floss. Shane würgte und zuckte. Er konnte sich nicht rühren und er merkte wie Kälte in ihm aufkam. Seine Augen weiteten sich und er spuckte erneut Blut. Sachiko war wie in Stein gemeisselt. Die Hände vor das Gesicht gedrückt, zu geschockt um sich zu rühren. Alec weinte und krähte aus Leibeskräften. Sachiko sah ihren Mann an, sah ihn aber nicht wirklich. Es konnte nicht sein. Ein weiterer Bach Blut floss aus Shanes Mund, Nase und Ohren.

Sachiko schrie. Shane hustete, dann erschlaffte er. Sachiko sah, wie sein Körper jede Spannung auflöste, die seine Muskeln bewegt hatten und sein Herz schlagen liessen. Shane schnaufte seinen letzten Atemzug aus, dann rührte er sich nicht mehr. Die Augen weit geöffnet lag er da, und das Blut wurde vom Regen weg gewischt. Sachiko schluchzte und schrie aus voller Kraft in die Nacht hinein, liess der Trauer ihres Herzens freien Lauf und Tränen, welche der Regenflut draussen ähnelten, rannen ihr die Wange hinab und tropften auf den Autositz. Keiner würde mehr da sein, der diese Tropfen auffangen würde. Niemand wird für sie und den kleinen Alec sorgen. Alles war vorbei. Alles… Sachiko liess ihre Hände sinken. Ihr war es gleich, dass ihre Beine zwischen dem Sitz und der eingedrückten Front eingeklemmt waren und ihr Körper schrie, als sie langsam das Gespür für ihre Beine verlor. Auch die Platzwunde an ihrer Stirn, hielt sie für nicht die Rede wert, im Gegensatz zu ihrem seelischen Kummer den sie durch litt.

 

Unter grösster Anstrengung schaute sie auf die Rückbank, um zu sehen wie es Alec geht. Dieser weinte laut, schien aber nicht verletzt zu sein. Ein kleiner Trost flammte in Sachiko auf, als sie Alec erblickte. „Alec ist da. Er wird auch weiterhin bei mir sein.“ Und bei dem Gedanken an ihren Mann schluchzte sie abermals. Zitternd griff sie nach ihrer Handtasche, die bei dem Zusammenstoss an die Frontscheibe geklatscht war und nun am Boden lag und wühlte darin umher und umklammerte ihr Handy. Der kleine Anhänger glitzerte im Licht der Scheinwerfer des anderen Autos. Es war eine Rose die so feine Konturen besass, dass sie durchaus als Echte durchgehen konnte, wäre sie nicht um ein Vielfaches kleiner und aus einem Edelstein angefertigt worden. Es war Shanes Geschenk an Sachiko zu ihrem fünften Jahrestag gewesen.

Sachiko versuchte ihren Finger auf die Taste mit der Nummer eins zu drücken, aber das Zittern ihres Körpers war so heftig, dass alles was sie berührte ebenfalls bebte. Mit Mühe gelang es ihr auf die Ziffer zu drücken, und anschliessend rasch zwei Mal hintereinander auf die Taste mit der Zahl vier drauf. „Hundertvierundvierzig“, sagte Sachiko, „der Notruf“. Immer noch bebend hielt sie ihr Handy an ihr Ohr und wartete. Die Sekunden die verstrichen, bis jemand auf der anderen Seite der Leitung den Hörer abnahm, kamen ihr vor wie Stunden oder Tage. „Notruf hundertvierundvierzig! Wie kann ich helfen?“, erklang eine aufgeregte Männerstimme aus dem Handy. Stotternd erzählte Sachiko das Ereignis in Kurzformat und unterdrückte bei jedem Wort ein Schluchzer. Als sie ihren Aufenthaltsort angegeben und geendet hatte, sprach der Sanitäter: „In Ordnung! Wir rücken aus. In etwa zwanzig Minuten sind wir bei Ihnen!“ Er legte auf und Sachiko sagte: „Dann ist es aber wirklich zu spät… Ich stecke hier fest, ob Alec vielleicht innere Blutungen hat, weiss ich nicht, und Shane…“ Sie schaute durch das Fenster, an dem immer noch Blut klebte, auf das friedliche Gesicht ihres Mannes, dessen graublauen Augen offen standen.

Es schüttelte Sachiko und Einsamkeit breitete sich in ihr aus und übertönte die Trauer. Sie war zu müde um weiter zu heulen, zu kraftlos um sich aus der Einklemmung zu ziehen und zu traurig, um Shane`s Leiche noch einmal sehen zu können. Sie wurde ganz ruhig. Aus der Platzwunde auf ihrer Stirn sickerte dunkelrotes Blut in ihr schwarzes langes Haar. Sachiko lehnte den Kopf zurück und versuchte an nichts zu denken, einfach in sich zu verschwinden und nicht mehr heraus zu kommen. Alec`s schrilles Weinen hörte sie nur noch aus weiter Ferne. Sie war bleich, denn sie hatte viel Blut verloren. Eine einzelne Träne kullerte ihr über die Wange, die sich sogleich mit der roten Flüssigkeit, die von ihrer Stirn austrat, vermischte. „Shane. Alec. Ich hab euch ganz fest lieb.“, flüsterte sie, dann wurde ihr schwarz vor Augen. Ihr Geist, glitt über die Stufen zum Jenenseits und verschwand für immer.

 

Als die Sanitäter, der Leichenwagen und die Polizei eintrafen, fanden sie einen Ort, der überströmt war von Blut. Die beiden Autos waren zum Verschrotten. Zwei Sanitäter liefen zum Auto des Rasers hinüber, andere zwei zum Volkswagen der Familie, nachdem die Polizei alles aufgezeichnet hatte. „Ein so trauriges Schauspiel habe ich noch nie gesehen.“, sagte ein Polizist, als er mitansah wie ein Sanitäter Shane`s Augen schloss und ihn unter ein Leichentuch legte. In seinem Unterleib und seinen Beinen waren alle Knochen zerschmettert worden. Nur der Oberkörper und der Kopf waren nicht zu Brei geworden. Auch Sachiko wurde abtransportiert. Ihre Augen waren bereits geschlossen gewesen, was den Sanitätern sagte, dass sie mit grosser Wahrscheinlichkeit verblutet war. Der Raser war ebenfalls tot, und konnte somit keine Auskünfte mehr geben. Auch dieser wurde mit einem Leichentuch von den Blicken Neugieriger geschützt.

Eine Sanitäterin entdeckte Alec, wie er immer noch weinend auf seinem Rücksitz sass. Seine Augen waren verquollen, als habe er stundenlang getrauert. „Mit Sicherheit hat dieser Junge einen bleibenden psychischen Schaden, und vielleicht kann er sich nie mehr in ein Auto setzen, oder mit jemandem Freundschaft knüpfen.“, berichtete ein Sanitäter den Polizisten. Diese liessen den Kopf hängen. „Dass einem Kind so etwas passieren kann… Unglaublich. Ich frage mich, wo Gott zu dieser Zeit gesteckt hatte.“, flüsterte ein junger Polizist. Dieser war erst seit Kurzem bei der Streife und hatte noch nie einen Unfallort mit eigenen Augen gesehen. Einer der Älteren legte ihm eine Hand auf die Schultern und sagte: „Gott ist nicht mit allen Menschen gerecht, mein Junge.“ Dann lief er weiter. „Wie geht es dem Kleinen?“, wollte der junge Polizist wissen. „Psychisch ist er labil, aber physisch scheint er in Ordnung zu sein, ausser er habe ein leichtes Schleudertrauma.“, antwortete ein Sanitäter mit weissem Schnurrbart, der auf beiden Seiten seines Mundes hinab wuchs. Der junge Polizist schüttelte den Kopf: „Bringt ihm so schnell wie möglich ins Krankenhaus! Hier können wir nicht mehr viel für ihn tun. Fahrt los, wir regeln das hier.“, und deutete auf die kaputten Autos und die riesige Blutlache.

Die Sanitäter sassen in das Krankenauto, ein paar vorne und mehrere hinten zu Alec und fuhren mit Blaulicht los in den Spital. Shane, Sachiko und der Raser wurden mitsamt dem Leichentuch in dem Leichenwagen verlagert, bevor auch dieser seines Weges ging. Nur die Polizei blieb noch, um eventuelle Spuren eines geplanten Mordes zu suchen.

 

Der Krankenwagen ratterte über den holperigen Waldweg und schon bald gelangte er auf eine Hauptstrasse. Im hinteren Teil des Wagens, versorgten vier Sanitäter Alec`s Wunden. Sie waren nicht lebensbedrohlich, doch Vorsicht hatte noch keinem geschadet. Mehrere Kratzer und Schürfungen überdeckten Alec`s Köper und Gesicht, doch keine blutete. Ein Sanitäter hatte Alec eine Maske aufgesetzt, mit der er besser atmen konnte. Sein kleiner Körper lag auf einem Bett und sein Hals wurde mit einer Halskrause stabilisiert, denn die Befürchtung der Sanitäter, dass Alec ein Schleudertrauma hatte, hatte sich bewahrheitet. Konzentriert kümmerten sich alle Anwesenden um Alec. Er schrie nicht mehr, sondern wimmerte leise vor sich hin.

Mit einem leisen Quietschen der Bremsen, kam der Krankenwagen vor dem Spital zum Stehen. Die Rollen des Bettes, auf dem Alec lag, wurden heraus geklappt und flitzten über den Boden des Spitals, als die Sanitäter Alec in einen Behandlungsraum brachten. Die Zeit verstrich, denn Alec nahm nur die Hälfte seiner Umgebung war. Er war kurz davor in Ohnmacht zu fallen. Seine Gedanken schwirrten im Kopf herum und fanden ihren rechtmässigen Platz nicht mehr.

Die Behandlung ging zu Ende und die Sanitäter brachten ihren Patienten in sein Zimmer, wo er einer Krankenpflegerin übergeben wurde, die sich von nun an, für den Rest seines Aufenthaltes im Krankenhaus, um ihn kümmern würde. Alec wurde in sein Bett gelegt und obwohl dieses Kissen und diese Bettdecke überhaupt nicht vertraut rochen, und er sonst eigentlich nie schlafen konnte, wenn er den Geruch seiner Mama nicht wahrnahm, siegte die Müdigkeit und er schlief ein.

 

Alec schlief mehrere Tage durch. Die Ärzte meinten, dies täte der Körper automatisch, um den Stress seiner Seele zu verarbeiten. „Er ist noch ein Kind und so früh, auf einen Schlag seine Eltern zu verlieren ist schon brutal.“, bemerkte an einem Morgen ein Arzt, als Alec schon drei Tage lang ohne Unterbruch geschlafen hatte. „Weiss man eigentlich schon was Neues über den Junge?“, fügte er hinzu. Die Krankenschwester, die Alec seit seinem Eintreffen im Krankenhaus betreut hatte nickte, holte Alec`s Akte aus einer Schublade des Schreibtisches und berichtete: „Sein Name ist Alec Shay, sein Vater heisst Shane Shay, von amerikanischer Nationalität und seine Mutter ist Sachiko Shay-Yamasaki, von japanischer Nationalität, ist aber eingebürgert worden. Alec ist jetzt fünf Jahre alt, geboren am 13. September und die Familie wohnt am Stadtrand von Wilmington. Der genaue Ort ist nicht bekannt.“, schloss sie. Sie schaute von der Akte auf und sah ihren Chef an. Dieser nickte und schritt den rechten Gang entlang davon.

 

Eine Woche lang hatte Alec geschlafen, bis er schliesslich langsam die Augen öffnete. Ihm war ein wenig schwindelig und das viele Weiss irritierte ihn. Eine grosse grüngelbe Pflanze wuchs neben dem Fenster, welches offen stand. Ein leichter Wind wehte um seine Ohren, als er sich aufsetzte. Alec hatte nicht das Bedürfnis das Fenster zu schliessen. Lieber musterte er seine Umgebung. Den Laken, den er um seinen schmalen Körper gewickelt hatte, war ebenfalls weiss. Neben ihm war ein Infusionsständer, an dem ein kleiner Beutel mit klarer Flüssigkeit hing. Der Schlauch von dem Beutel führte zu seiner linken Hand und ging dort in ein ganz feines Schläuchlein über, welches in seiner Haut steckte.

Alec spürte nicht den geringsten Schmerz. Ihm war alles egal. Die pfeifenden Vögel, die draussen auf einem Baum sangen, oder der Vorhang, der im Wind wehte. Alles war ihm egal. Alles. Er brauchte eine Weile, bis ihm klar wurde was geschehen war. Tränen schossen in seine Augen und liefen sein Gesicht hinab, doch er gab keinen Laut von sich. Alec klammerte sich an die Decke und rollte sich zusammen. Einem Bach gleichend flossen die salzigen Tropfen über seine Nase und fielen auf das weisse Bett. Alles war weiss, nur seine schwarzen Haare stachen wie Dornen aus dem Szenenbild heraus. Er blinzelte abermals und nach einer Weile verebbte der Tränenstrom und nur noch die Stimme der Natur war zu hören.

Ihm kam es vor, als seien seine Eltern schon vor Jahren fort gegangen. Kalte, einsame Leere breitete sich in ihm aus und er ergriff den Laken noch fester. Seine Eltern würden nie wieder kommen, dem war er sich sicher. Das Lied, welches seine Mutter für ihn immer gesungen hatte, wenn er sich einsam gefühlt hatte oder nicht schlafen konnte, ging ihm durch den Kopf. Wort für Wort, Satz für Satz, Strophe für Strophe. Seine Gedanken überschlugen sich, als das schreckliche Ereignis letzter Woche, mit voller Wucht auf ihn einflutete: Der prasselnde Regen, die kreischenden Stimmen, ein kleines Lichtchen, welches immer grösser wurde, dann ein lauter Knall, weitere Schreie und dann; Stille.

 

Mehrere Wochen blieb Alec noch in diesem Krankenhaus, wo alles weiss war. Ein Psychologe betreute ihn regelmässig, zusammen mit der freundlichen Pflegerin, die ihn so nett empfangen hatte. Die Stunden die er bei diesem Psychologen verbrachte, war für ihn pure Zeitverschwendung. Seine Eltern würden damit nicht wieder lebendig werden und auch seine Alpträume, die ihn jede Nacht heimsuchten, wollten nicht aufhören. Also, was brachte diese Beratung schon? Zu all dem plagte Alec den Gedanken, in ein Waisenhaus gesteckt zu werden. „Da geh ich nie und nimmer hin!“, hatte Alec seinen Psychologen angeschrien, als der ihm klar machen wollte, dass Alec nicht alleine zu Hause bleiben könne. So ohne Betreuung. „Ich bin schon gross! Ich kann auf mich selber aufpassen!“, hatte er getobt. Die Ärzte meinten, Alec sollte am besten den Termin gleich wissen, an dem er den Spital verlassen und in ein Waisenheim gehen würde. Weinend war Alec aus dem Raum gestürzt als er dies erfuhr: 12. Oktober. Das Datum für den Eintritt in die Hölle.

 

 

12. Oktober

 

Alec hatte seine Sachen gepackt. Er musste nicht lange alles zusammen suchen, denn alles was er besass, war ein Foto von ihm und seinen Eltern, welches sie in den Ferien in Japan gemacht hatten, und einen kleinen Stapel Klamotten.

Seine Tasche neben sich liegend, wartete Alec vor dem Eingang zum Krankenhaus auf seine Pflegerin, welche gerade ihr Auto holte. Sie sollte ihn zum Waisenhaus bringen. Alec hatte noch nie etwas Gutes von einem Waisenhaus gehört. Seine Kameraden hatten ihm erzählt, dass es dort nur doofe Kinder gäbe, die Waisenhausleiterin eine Teufelin wäre und das Essen ekelhaft sei. Kurz gesagt, es sei der Horror. Alec hatte sich immer gesagt, er würde lieber sterben, als dort hin zu müssen, aber an diesem Tag blieb ihm keine Wahl als sich in das Verderben zu stürzen. Der weisse Wagen hielt vor seiner Nase, Alec packte seine Tasche, öffnete die Autotür und stieg ein. Ihm war etwas mulmig zu Mute. Seit dem Unfall war er nicht mehr in einem Auto gesessen, und als die Krankenschwester aufs Gaspedal drückte, der Wagen los düste, schrie Alec vor Schreck auf.

 

Es war wahrlich eine Höllenfahrt. Das weisse Auto rutschte auf dem nassen Boden um die Kurven und obwohl die Krankenschwester vorsichtig fuhr, klammerte sich Alec an allem fest, was er erreichen konnte. Er war kreide bleich und ihm war übel. Die Fahrt hatte nur eine viertel Stunde gedauert, doch für Alec mehr als genug. Der Wagen war noch nicht still gestanden, da hüpfte Alec mit seiner Tasche aus dem Auto und erbrach sich ins Gras neben an. Er hob den Kopf und betrachtete das Waisenhaus. Nun war es also so weit. Er stand mit seinem Gepäck vor dem Gebäude, wo er die nächsten paar Jahre verbringen würde. Ein Schauder lief über Alec`s Rücken hinunter. Das Haus sah aus wie eine Villa, nur alt und zerfallen. Alec blickte sich über die Schulter zu der Pflegerin um, um eine Erklärung zu erhalten, ob sie hier wirklich richtig waren. Die Krankenschwester nickte. Alec atmete tief durch und machte den ersten Schritt in die Hölle.

 

 

 

Kapitel 1

 

Alec schreckte aus dem Schlaf. Er verwuschelte seine schwarzen Haare. Der Traum hatte sich so echt angefühlt. Als ob es gerade erst passiert wäre. Alec war einundzwanzig Jahre alt und lebte in seiner Bude in Mitten einer Verlassenen Gegend einer Stadt in Japan.

Alec schlug die Bettdecke zurück und kroch aus dem Bett. Es war noch früh am Morgen, doch Alec wollte nicht mehr weiterschlafen. Er hatte Kopfschmerzen von seinem Kater, denn er hatte am Tag zuvor einen über den Durst getrunken. Alec öffnete den Kühlschrank und nahm eine Flasche Milch heraus. Ohne den Inhalt zuerst in ein Glas zu leeren, hielt er sich die Flasche an den Mund und trank in grossen Schlücken. Milch war sein Heilmittel gegen Kopfschmerzen und Alec war froh zu wissen, dass diese weisse Flüssigkeit ihn wieder munter machte. Er stellte die Milch zurück auf die Ablagefläche im Kühlschrank, schloss ihn und machte sich daran, die Vorhänge in seiner Wohnung zurück zu ziehen.

 

Die Sternen und der Mond standen noch am Himmel und Alec öffnete ein Fenster. Die kühle frische Morgenluft blies ihm ins Gesicht. Er schloss die Augen und atmete tief durch. „Jetzt noch eine kalte Dusche und der Tag kann beginnen.“, sagte Alec vor sich hin. Nur mit der Unterhose bekleidet schlurfte Alec zum Bad hinüber, zog sich aus, stieg in die Wanne und drehte den Hahnen voll auf. Das kalte Wasser spritze über seinen Kopf und benetzte seinen Körper. Ein wohliges Gefühl breitete sich in ihm aus und einige Minuten stand er unter dem Wasser, bis er schliesslich zum Fläschchen mit dem Duschmittel, AXE Africa, griff. Die Seife bildete kleine Schaumbläschen, die Alec mit einem Handwisch platzen liess. Nun noch die Haare shampoonieren, abduschen und fertig. Alec kletterte aus der Wanne, nachdem er sich das blaue, flauschige Abtrocknungstuch um die Hüfte geschlungen hatte. Alec hatte straffe, leicht braune Haut. Seine kräftigen, mit Muskeln bedecken Arme, hingen leicht angewinkelt von beiden Seiten seines Körpers herunter. Kein einziges Haar wuchs an seiner Brust.

Mit noch feuchten Haaren durchquerte Alec sein Appartement und zog ein paar Kleider aus dem Einbauschrank: Eine dunkelblaue Jeanshose, ein weisses T-Shirt mit der Aufschrift: „Beach-Party“, eine Unterhose und ein Paar Socken.

Frisch gekleidet lüftete Alec die Wohnung durch und machte sich währenddessen Spiegeleier mit Speck und Toast. Der Speckt brodelte bereits in der Pfanne, als Alec die Fenster schloss und der leichte Wind, welcher das Appartement durchzog, unterbrach. Alec holte Messer und Gabel aus einer Schublade, setzte sich an den Tisch und begann zu essen. Neben ihm war die Zeitung von gestern und auf der Titelseite stach der Artikel: „White Deer: Neuer Aufschub“, heraus. Darunter war ein Artikel verfasst:

 

„Die Organisation White Deer gelangt zu neuer Macht. Der Chef verkündigte in der letzten Nacht auf Dienstag einen neuen Massenmörder gefangen genommen zu haben. „Der Verantwortliche für sechs Morde an Touristen, Mizuka Hoshiro, konnten wir bei unserem letzten Ausruck festnehmen. Die Gefahr die von diesem Mann ausgeht ist gebannt! Er wird zu einer lebenslänglichen Haft verurteilt.“, so der Chef.

Mehr dazu finden sie auf den Seiten zwölf und dreizehn.

 

Alec nahm den letzten Bissen und stand auf. Er gähnte, streckte sich, nahm den Teller, Messer und Gabel und lief zum Spülbecken hinüber. Alec liess heisses Wasser ein und spritzte Seife hinein. Sofort entstanden grosse Seifenblasen, die kurz danach aufstiegen und in der Küche umherflogen. Immer wieder stupste Alec eine an, welche platzte und ein Schmunzeln auf Alec`s Gesicht zauberte. Er liebte Seifenblasen und ging deshalb auch öfters in die Badewanne, wo er immer mehr Schaum herstellte, als Wasser einliess. Die weisse Badeente mit ihrem orangen Schnabel trieb dann immer auf einer dicken Schicht weisser Bläschen. Während Alec das Geschirr spülte, summte er ein Lied vor sich hin, welches im Radio lief und er nicht mehr aus seinen Gedanken vertreiben konnte. Mit einer Bürste schrubbte er den Teller, liess Heisswasser darüber fliessen und trocknete ihn ab. Mit Messer und Gabel wurde das Selbe gemacht, und als alles aufgeräumt war, schritt Alec zur Tür, nahm seinen schwarzen Mantel, packte seinen Schlüsselbund mit je einem Schlüssel für sein Auto und einen für die Wohnung und verliess seine Bude.

 

Alec stieg die Treppe hinab und schritt zu seinem schwarzen Chevrolet Impala hinüber, der auf einem Parkplatz direkt vor dem Haus stand. Liebevoll tätschelte Alec seinen Wagen bevor er einstieg. Das Auto war Alec’s ein und alles. Er nennt es immer „Meine Süsse“. Alec drückte aufs Gaspedal, noch bevor er sich angeschnallt hatte. Er war auf dem Weg zu seinem alten Kumpel Danne, der ursprünglich aus Schweden kam, sich aber hier in Japan mit einer Bar eine Existenz aufgebaut hatte. Alec kurbelte das Autofenster mit der linken Hand hinunter und genoss die frische Luft. Früher war er oft im Freien gewesen und nicht selten hatte er auch draussen übernachtet. Der Wagen raste die Hauptstrasse entlang, an vielen Geschäften und Restaurants vorbei. Mit der Zeit, als Alec schon durch viele Gassen gekurvt war und die Sonne schon hoch am Himmel stand, erreichte er sein Ziel: Dark Poker. Die Bar lag in einer verlassenen Gegen am nördlichen Stadtrand. Die Umgebung war kahl und eine menge Schrott lag herum. Einige veraltete Fabriken standen nebenan und auf einem kleinen Hängeschild, welches an der Hausmauer der Bar hing, stand „Dark Poker“.

 

Alec parkte seinen Chevrolet Impala nahe einem Schrotthaufen, stieg aus und sah sich um. Kein einziger Vogel war zu hören, und die Gegend war so verlassen wie immer. Langsam ging Alec auf die Bruchbude zu, während er sich immer noch forschend umsah. Alec griff nach der Klinke, öffnete die Tür und trat ein. Der Laden bestand aus einem grossen Raum, einer Kammer hinter der Theke, wo Danne all seine Vorräte aufbewahrte und einer Treppe, die in den oberen Stock führte. Es herrschte stickige Luft und Zigarettenrauch trübte die Sicht. Alec strich sich mit der Hand durch das Haar, blinzelte mehrmals und schloss die Türe hinter sich. „Alec! Da bist du ja endlich! Ich hab dich schon erwartet.“, erklang eine laute Stimme, aus dem hinteren Bereich der Bar. Danne winkte ihn zu sich und lächelte. Er war ein grossgewachsener Mann, 25 Jahre alt, mit blonden Haaren und haselnussbraunen Augen.

Alec winkte zurück und schritt zur Theke. „Na, alter Knabe? Wie geht’s?“, fragte Danne während er Alec auf die Schulter klopfte. Alec grinste. „Das fragst du noch? Nachdem du mich gestern Abend dermassen abgefüllt hast? Du willst gar nicht wissen, was du meinem Kopf angetan hast.“ Danne lachte laut auf, sodass sich einige Kunden den Bar fragend zu ihm umwandten. „Du hast Neven Alec… Nicht zu fassen. Du beklagst dich wegen einem schmerzenden Kopf, stehst aber um diese Zeit schon vor meiner Tür? Ich glaube du verwechselst Schmerz mit Langeweile!“ Danne schüttelte den Kopf und seine blonden Haare wurden durcheinander gewirbelt. „Pha! Langeweile und Schmerz verwechseln… Ich glaube du hast es wiedermal nötig, dass ich dir eine verpasse.“ „Erstens: Wenn du das tust, schlage ich dir eine zurück und das ganze endet in einer Prügelei, bei der wieder Mal meine ganze Bar kaputt geht. Zweitens, du würdest dich dann etwa einen Monat nicht mehr bei mir blicken lassen können, weil du sonst einen Kopf kürzer werden würdest, und drittens würdest du dann etwa einen Monat, keinen Alkohol mehr bekommen. Obwohl, das würde dir mit Sicherheit auch nicht schaden.“ Danne lächelt und Alec blickte finster zurück, verwarf aber den Gedanken, Danne zu schlagen.

„Einen Monat ohne Alkohol… Das währe Mord.“ Danne grinste noch breiter und tätschelte Alec`s Kopf „Hab ich mir es doch gedacht. Alkohol ist für dich einfach zu wichtig. Tse tse… Das ist aber überhaupt nicht gut mein Kleiner.” Alec schlug Danne`s Hand weg und giftete: „Na und? Du bist nicht mein grosser Bruder, der mich zurecht weisen muss! Ich kann gut auf mich selbst aufpassen! Und ich bin nicht dein Kleiner!“ Alec schnaufte und seine Augen funkelten. „Na, na, nicht so aufbrausend. Aber ja, da muss ich dir zustimmen. Ich bin nicht dein grosser Bruder.“ Danne schaute betrübt auf seine Hände. „Ich bin nicht dein Bruder und somit auch nicht so wichtig für dich.“ Alec war wie erstarrt. Noch nie hatte Danne gesagt, dass er gerne sein Bruder gewesen wäre. Gute Kumpels waren sie schon seit langem, aber Danne hatte nie erwähnt wie wichtig ihn Alec war. „Tut mir leid… So war das nicht gemeint. Ich würde gerne dein Bruder sein, aber nur wenn du mich nicht so betüttelst wie vorhin.“ Danne schmunzelte und schaute Alec belustigt an. „Hätte nicht gedacht, dass du so offen sein würdest. Sonst spielst du ja immer den coolen mit dem Killerblick.“ Alec`s Blick verfinsterte sich wieder. „Ach komm schon, nicht so ernst! Lass uns einen Trinken.“

 

Danne verschwand unter der Theke und suchte nach einer brauchbaren Flasche Sake. Nach einer Weile tauchte er wieder auf und hielt eine weisse Flasche und zwei Schälchen in den Händen. „Sake? Bier hatten wir gestern und heute können wir uns doch mal eine Spezialität von Japan genehmigen. Reiswein…“ Danne füllte die Schälchen bis an den Rand und schob eines zu Alec hinüber, der es dankend annahm. „Nun Alec. Hast du den Zeitungsartikel von White Deer gelesen?“ - „Nur kurz überflogen… Ist ja nichts Besonderes wenn sie wiedermal einen von diesen Taugenichts schnappen.“, erwiderte Alec. „Alec! Weißt du nicht wer das war? Mizuka Hoshiro! Ein Stammgast bei mir in der Bar! Und ich bin sicher, der hatte was drauf. Erst vor einigen Tagen, hatte er mir erzählt, wie er einen der besten Agenten der White Deer erstochen hatte. Blutige Geschichte war es… Aber trotzdem, Alec. Mizuka steckt man nicht so leicht in die Tasche!“ Danne war völlig ausser sich und schlug mit der Faust auf die Tresen. „Danne beruhige dich! Sonst wird diese Bruchbude noch wegen dir zu Schrott und unterscheidet sich dann nicht mehr von der Umgebung.“ Alec dachte an die verkommenen Fabriken und Schrotthaufen, an denen er vorbei gekommen war. „Mizuka war nicht übel. Das gebe ich ja zu, aber er war auch nicht einer der Besseren. Von daher ist der Verlust nicht der Schlimmste.“ „Spinnst du jetzt völlig!“, brüllte Danne, „Unsere Leute verschwinden. Am Anfang waren es nur kleine Nichts, die verschleppt wurden, aber langsam werden es immer bessere Killer die verschwinden!“ Alec schaute Danne verdutzt an. „Seit wann ist dir das aufgefallen? Ich dachte, die White Deer begnügt sich immer noch mit kleinen Fischen?“, fragte Alec erstaunt und Danne antwortete: „Das stimmt nicht ganz. Sie suchen immer bessere Leute, die sie verhaften und ausquetschen können! Mizuka sagte mir, dass er zu viel weiss, was White Deer niemals zu Ohr gelangen dürfe! White Deer ist eine schreckliche Organisation, die weder Furcht, noch irgendeine Art der Ermittlungen scheut.“

 

Alec schaute finster und meinte: „Das weiss ich. Aber heisst also, sie werden Mizuka foltern und womöglich soweit bringen, dass er alles erzählt?“ Danne nickte. „Mizuka hat zwar einen starken Willen, aber das ändert nichts an den Massnahmen, die White Deer ergreifen wird.“ Danne schaute Alec durchdringend an. „Wenn wir nichts unternehmen, wird bald die ganze Stadt wissen, dass es solche wie dich gibt!“ Alec war erstarrt. „Aber dieser Vollidiot wird doch nichts verraten oder? Wenn er das tut, dreh ich ihm den Hals um.“ Alec ballte die Fäuste. „Das bringt doch nichts! Ihr Auftragskiller seit in ganz Japan zerstreut und so wird euch White Deer nacheinander aufspüren und gefangen nehmen!“, rief Danne.

Alec war bestürzt, dass Danne so reagierte. Er legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte: „Keine Angst Danne. Mir wird nichts passieren. Ich schaue mal bei White Deer vorbei und stopf diesem Taugenichts von Mizuka das Maul, wenn er auch nur in Erwägung zieht, etwas zu verplaudern.“ Danne war froh, dass Alec die Sache langsam ernst nahm und doch war er beunruhigt, dass Alec in einen der Stützpunkte von White Deer spazieren wollte, ohne sich Gedanken zu machen. Alec lächelte freundlich und seine Augen funkelten vor Begeisterung. Danne liebte Alec`s Augen. Wenn sie ihn ansahen, strahlten sie eine gewisse Freundlichkeit und Wärme aus. Aber Danne wusste auch, dass diese graublauen Augen nur ihn so anblickten und niemand anderen, denn Danne war Alec`s ältester und bester Freund. Nur er hatte das Privileg, von Alec so viel Offenheit zu erhalten. Normalerweise war Alec ein kalter und verschlossener Mensch und vertraute Niemandem.

 

„Du bist eben ein echter Auftragskiller.“, sagte Danne schliesslich. Alec lächelte und nahm die Hand von Danne`s Schulter. „Danke Danne. Ich hätte nicht gedacht, dass du mich gehen lassen würdest. Sonst bestehst du darauf, dass ich mich aus gefährlichen Situationen raushalte. Was ist los mit dir Danne?“ Danne antwortete erst nach einer Weile: „Ich habe gelernt, dass es nichts bringt dich aufhalten zu wollen. Du bist noch jedesmal trotzdem gegangen, obwohl ich es nicht wollte. Du lässt dir ja auch von niemandem etwas vorschreiben. Du hast deine Waffen zwar im Griff, aber ich weiss nie ob deine Gegner ihre Waffen nicht noch besser in den Händen halten. „Ach Danne, mir passiert schon nichts!“, sagte Alec erneut und gab ihm einen Klaps auf den Rücken. „Ich werde ohne einen Kratzer wieder kommen. Aber jetzt muss ich gehen. Ich muss noch einiges vorbereiten.“ Alec nahm den letzten Schluck Sake aus seinem Schälchen, stand auf und lief zur Tür. „Wir sehen uns Danne!“, sagte Alec, winkte und verschwand im grellen Sonnenlicht. „Pass auf dich auf!“, schrie Danne ihm noch hinterher und Alec hob die Hand, als Zeichen dass er ihn verstanden hatte.

„Nicht zu fassen. Läuft mir nichts dir nichts in feindliches Territorium, ohne auch nur die leiseste Ahnung zu haben, was ihn dort erwartet.“, flüsterte Danne vor sich hin, während er die beiden Schälchen abräumte und die Sakeflasche zu den anderen leeren Flaschen stellte.

 

Alec durchquerte die Entfernung zwischen ihm und seinem Auto. „Na Süsse? Hat ja nicht so lange gedauert.“ Er kramte die Schlüssel seiner Hosentasche und schloss auf und setzte sich auf den schwarzen ledernen Fahrersitz. Der Motor sprang an und Alec fuhr los, nachdem er den Radio laut aufgedreht hatte. „Wie soll ich die Sache angehen…“, murmelte Alec vor sich hin. „Ich könnte einfach meine Lieblingswaffen einpacken, mich einschleichen und Mizuka eine Kugel in den Kopf jagen, damit er nichts verplaudern kann…“ Alec hatte langsam gefallen an der Vorstellung bekommen und summte mit der Musik mit, während er durch die Gassen düste. Er hatte beschlossen, noch einen Abstecher zum Strand zu machen und dort die Meeresluft geniessen.

Alec lehnte sich zurück und als er um eine Kurve fuhr erblickte er in der Ferne das Meer. Nach einigen Minuten gelangte er zu einer Klippe, die ins Meer hinab zufallen schien. Der Chevrolet Impala wurde neben einem Ahornbaum geparkt und Alec trat auf den trockenen sandigen Boden. Der warme Wind blies um ihn herum und Alec’s Blick wanderte zum dunkelblauen Meer hinüber. Die Wellen klatschten gegen die Brandung und das Rauschen wurde lauter. Alec schlenderte näher an den Abhang heran und setzte sich unter einen Baum. Mit dem Rücken an den Ahorn lehnend überflog er die Weiten des Meeres. Die See hatte ihn schon immer fasziniert und langsam glitten seine Augen zum Strand hinüber, der sich um die 200 Meter weiter unten, links von ihm, erstreckte. Der Sand leuchtete und die Wellen brachen kurz bevor sie ihn erreichten. Das kühle Wasser schwabte dann über die Sandkörner und zog einige davon weiter ins Meer hinein. Der gelbe Sand war noch unberührt zu dieser Stunde. Alec genoss diesen Anblick. Hier war die Natur ihm so nahe und liess die Schrecken des Alltages hinter sich. Alec musste lachen, als ihm dieser Gedanke kam. „Sonst gebe ich mich auch immer so kühl. Da lässt mich doch nicht ein Wenig Meer und Sand so weich werden!“, sagte er.

Alec erhob sich und wollte sich schon zum Gehen wenden, als er eine Gestalt unten beim Strand in den Schatten der Bäume erspähte. Alec blieb stehen und beobachtete. Die Gestalt bewegte sich Richtung Meer und wurde nun durch die Sonnenstrahlen erhellt. Es war ein hübsches junges Fräulein. Alec schätzte sie etwa auf die neunzehn. Sie hatte ein im Wind flatterndes rotes T-Shirt an und unten das Höschen ihres Bikinis. In den Armen trug sie ein Badetuch bei dem Alec das Abbild darauf aber nicht erkennen konnte. Mit federnden Schritten lief das Mädchen durch den Sand. Ihre kurzen braunen Haare wurden nach hinten geweht und als sie die Stelle erreicht hatte, wo das Meerwasser über den Sand floss, hielt sie kurz ihren Fuss hinein, um zu erspüren wie warm das Wasser war. Kurze Zeit später, empfand das Fräulein die Temperatur wohl als angenehm, denn sie breitete ihr Badetuch aus und legte einen daneben liegenden Stein darauf, sodass das Tuch nicht davon flog. Sie streifte das rote T-Shirt über sich und ein schwarzes Bikinioberteil mit weissen Sternchen kam zum Vorschein.

Alec hatte schon viele Japanerinnen in der Stadt gesehen, aber noch nie eine hier an diesem Strand. Ausserdem fand er den Anblick einer kurzhaarigen Frau irritierend. Nach Alec’s Geschmack sollte eine junge Frau blonde lange Haare haben, durch die man mit den Fingern fahren konnte. Ansonsten war das Mädchen wunderschön. Ihr Körper war nach Alec`s Meinung toll, denn die Haut straffte sich über ihren dünnen Bauch und die langen Beine gefielen ihm. Das Fräulein war nicht gerade gross, aber dennoch grösser, als die üblichen Japanerinnen. Das Bikinioberteil war gut gefüllt und einfach gesagt, diese Frau gefiel Alec, nur die Haare störten ihn.

 

Während Alec diese Schönheit beobachtet hatte, hatte er sich wieder an den Baum gelehnt und das Mädchen stand nun bis zur Hüfte in den Wellen des Meeres. „Ich bin heute wohl nicht ganz dicht! Zuerst beruhige ich Danne, als ob ich schwul wäre, dann verlaufe ich mich an meinen Lieblingsort vom Strand, und jetzt beobachte ich ein vollbusiges Weib, wie es baden geht!“ Alec schüttelte den Kopf um wieder klar zu denken. „Ich spinne… Ich brauche kein Flittchen welches mir ständig am Arm hängt und nicht mich dauernd küssen will. Nein, sicher nicht. Es reicht, dass Danne sich manchmal aufführt, als sei ich sein Eigentum. Noch so jemanden kann ich nicht gebrauchen!“ Damit drehte er sich um und ging zu seinem Auto hinüber. Als er angeschnallt und bereit zum losfahren war, warf er nochmals einen Blick hinüber zu dem Mädchen, welches im Wasser schwamm und nun abtauchte.

Alec legte den Gang ein und raste davon. Er legte seinen Ellbogen auf die herunter gekurbelte Scheibe, während er gedankenverloren in der Gegend herum fuhr. Dies war eine seiner Angewohnheiten um Stress, Verwirrung und sonstige schlechte Laune abzubauen. Autofahren bereitete ihm Freude und so konnte er auch genügend Zeit mit seiner „Süssen“ verbringen. Den Wagen hatte Alec von Danne bekommen, als er volljährig wurde. Lange hatte er Danne bearbeitet, bis er endlich ausspuckte woher er den Wagen hatte. Ein Chevrolet Impala war in Japan ein seltenes Auto und immer noch benutzten viele Japaner das Fahrrad. Danne hatte ihn aus einem Land im Westen und nach einigen erneuten Versuchen von Seiten Alec’s, erzählte Danne von seinem Nebenjob.

 

„Die Bar ist der grösste Teil, bei dem ich mein Geld verdiene. Da ich mit Waffen noch lange nicht so geschickt bin wie du, und es auch nie sein werde, muss ich mir den Rest des benötigten Geldes anders anschaffen. Kurz gesagt ich bin ein Autoschieber. Hauptsächlich beziehe ich meine Autos aus Ländern im Westen und selten auch aus Amerika. Jeder Autoschmuggel nach Japan ist immer eine neue Herausforderung und bis jetzt hat es noch immer geklappt.“, hatte Danne erzählt und dabei gegrinst. Auch Alec musste jetzt bei der Erinnerung grinsen. Danne’s Augen hatten gefunkelt und gestrahlt. „Ja, Danne ist wahrhaftig ein Autoschieber und guter Barkeeper.“, sagte Alec vor sich hin. Der Wagen donnerte die Strasse entlang, bis er schliesslich auf einen Waldweg gelangte, bei dem Alec den Gang herunterschalten musste, weil das Auto sonst ins Schlittern geraten wäre. Auf dem Boden lagen viele abgefallene Blätter und Matsch so weit das Auge reichte, denn am Tag zuvor hatte es heftig geregnet.

Nur mit Mühe hievte sich der Wagen vorwärts und wäre ein paarmal fast stecken geblieben. Die Blätter der Bäume waren dunkelgrün und die Vögel pfiffen ausgelassen, auf den Ästen. Mit einem flüchtigen Blick in die Tiefen des Waldes, hatte er zwei Eichhörnchen entdeckt, die, als der Wagen näher kam, schnell in den Wipfeln der Bäume verschwanden. Alec lenkte seine Gedanken zurück zu seinem geplanten Eindringen in den Stützpunkt von White Deer. Doch da ihm die Schönheit vom Strand nicht aus dem Kopf gehen wollte, verwarf er den Gedanken an das Planen wieder und konzentrierte sich auf den Pfad vor sich. Der Wald lief langsam aus. Nur noch wenige Bäume wuchsen und das Gras wurde voller. Wenige Minuten später ratterte der schwarze Chevrolet Impala aus dem Schatten der Bäume und fand sich auf einer Lichtung wieder. Das Gras war so hoch, dass es bis zu den Fenstern reichte. Alec lenkte den Wagen auf einen schmalen Pfad, den ihn durch das Gewucher führen sollte. Der Geruch von Erde und Blütenblättern drang ihm in die Nase und er musste niessen. Die Nase reibend suchte er nach der Abzweigung, die ihn wieder auf die Hauptstrasse bringen sollte. „Ah, da ist sie ja.“, sagte Alec und drehte das Steuerrad nach links.

Ein Piepsen entfuhr dem Wagen und Alec betrachtete nachdenklich ein Symbol hinter dem Steuerrad. Es blinkte rot. „Nicht schon wieder… Ich hab doch erst gerade getankt! So lange bin ich doch noch gar nicht unterwegs.“, murrte Alec und klopfte mit den Fingern auf das Lenkrad. Der erdige Boden, wurde langsam von steinernem Weg abgelöst und Alec erblickte in der Ferne Häuser und einige vorbei fahrende Autos. „Na endlich!“ Der Wagen fuhr in eine Gasse und weiter auf die Hauptstrasse. Die Tankstelle war nicht weit entfernt und so lenkte Alec seinen Wagen nach rechts und gleich drauf ab nochmals nach rechts. Er parkte vor einem Automaten und stieg aus.

 

Der Wind wehte um ihn herum. Eine erfrischende Briese, die den Geruch von Abgas, Rauch und Benzin mit sich trug. Alec tastete seine Jacke nach seinem Portemonnaie ab, fand es schliesslich in der Innentasche, nahm mehrere Münzen heraus und musterte den Automaten nachdenklich. „Hmm… Sechzig Liter sollten reichen.“ Alec tippte mit einer lockeren geschmeidigen Handbewegung auf die Tasten und warf das Geld ein. Ein leises Klicken war zu hören. Alec griff nach dem Schlauch und führte ihn in den Kanal seines Autos ein. „So meine Liebe. Jetzt gibt es Happi-Happi.“, säuselte Alec und drückte auf den Kopf, sodass das Benzin in den Tank floss. Während der Tank sich füllte, beobachtete Alec seine Umgebung und die Leute, die beim Kiosk nebenan ein und aus gingen. Zwei Männer mit dunkel blauen Jacken fielen ihm ins Auge. Sie schritten zielstrebig durch die Schiebetür des Kiosks und wandten sich an den Besitzer des Kleinladens. Alec konnte nicht verstehen, nach was sie ihn fragten, aber der Verkäufer wirkte etwas besorgt und blickte sich oft um, bevor er im Hinterzimmer verschwand. Die beiden Männer stützten sich mit dem Ellbogen auf der Theke auf und plauderten miteinander, während der Wartezeit.

 

Der Tank war gefüllt und Alec zog den Schlauch heraus und henkte ihn wieder an die Halterung des Automaten. Er öffnete die Autotür und setzte sich auf den Fahrerstuhl, ohne die Männer im Kiosk aus den Augen zu lassen. Der Ladenbesitzer stürzte aus dem Hinterräumchen heraus und hielt einen Zettel in der Hand, welcher er zögerlich einem der Männer überreichte. Dieser untersuchte den fetzen Papier genau, nickte dann und die Männer verliessen das Geschäft wieder, ohne einen Einkauf zu machen. Alec drehte den Schlüssel und der Motor sprang an. Die Räder rollten langsam über den geteerten Boden und Alec warf einen raschen Blick in den Kiosk und sah den Verkäufer, wie der mit Schweissperlen auf der Stirn gegen die Wand gelehnt war und die Augen schloss. Offenbar war er erleichtert, die Sache hinter sich zu haben. Nun galt seine Aufmerksamkeit wieder den Männern mit den blauen Jacken, die sogleich in ihren dunkelroten Toyota stiegen und davon rasten. Auch Alec legte einen Gang zu und fuhr aus der Tankstelle heraus und gliederte sich in den Strassenverkehr ein. „Was das wohl für ein Zettel war? Diese Typen sahen mir ja auch nicht gerade nach normalen Bürgern aus. Naja mir soll es egal sein, ich betreibe ja auch meine schmutzigen Geschäfte.“, flüsterte Alec vor sich hin und musste grinsen. Es war dunkel geworden und Alec fand es an der Zeit, nach Hause zu gehen. Die Nachtclubs hatten bereits geöffnet und von überall her, hörte man gedämpfte Musik aus den Häusern kommen. Auch Alec schaltete sein Radio ein und vernahm sofort wieder die Melodie, die ihm schon die ganze Zeit nachgelaufen war. Er summte mit und regte sich gleichzeitig über seine fehlende Kühlheit auf und verstummte wieder.

 

Die Wolken zogen am Himmel vorbei, die vom Winde angetrieben wurden. Der Mond kam zum Vorschein und einige Sternen waren zusehen. Darunter auch der kleine Wagen. Alec verrenkte sich fast den Hals, als der durch die Frontscheibe nach oben sah. Die Sterne spielgelten sich in Alec’s graublauen Augen wieder und er blinzelte und wandte sich wieder der Strasse zu. Nun wirkten Alec’s Augen eher grau und kalt. Er war müde und obwohl er Danne zu liebe eigentlich noch einen Plan aushecken wollte, wie er in Dark Poker eindringen konnte, überkam ihn der Gedanke noch einen Trinken zu gehen und parkte somit auf einem abgelegenen Platz neben einer Bar. Alec drückte die Türen der Bar auf und trat in den stickigen Aufenthaltsraum. Ein mulmiges Gefühl stieg in ihm auf, weil er nicht den Weg zu seiner Stammkneipe genommen hatte, sondern in eine solch verwahrloste Bar ging. Alec setzte sich auf einen der hohen Stühle, knallte einige Münzen auf den Tisch, pfiff einen der Barkeeper heran und bestellte einen feurigen Schnaps. Sake hatte er in letzter Zeit genug getrunken und er hatte Lust auf ein richtiges Männergetränk. Als Alec noch im Waisenhaus lebte, war er oft heimlich in eine Bar gegangen und hatte sich einen Schnaps bestellt. Nicht selten musste er danach würgen und keuchen, doch er liess es nie bleiben und bestellte immer wieder einen. Jetzt als er das Gläschen vor sich stehen hatte, lächelte er in sich hinein und leerte es in einem Zug. Der Alkohol brannte in seiner Kehle, aber es war eine Wohltat. Alec wischte sich mit dem Handrücken den Mund und verlangte nach einem weiteren Glas. Der Barkeeper lächelte verschmitzt und füllte das Glas randvoll. Diesmal nahm Alec nur einen kleinen Schluck und behielt ihn eine Weile im Mund um den Geschmack voll auszukosten.

 

Als er geschluckt hatte sagte er zu dem Barkeeper: „Dieser Schnaps ist echt gut… Woher habt ihr ihn?“, liess aber den Blick auf dem Schnapsglas verharren. Er schwenkte den Inhalt und sah zu, wie der Schnaps in der Mitte einen kleinen Strudel bildete. „Schön, dass ihnen der Schnaps schmeckt. Er ist aus Amerika importiert worden. Ein echter Birnenschnaps aus Wilmington, Ein Prachtstück…“, seufzte der Barkeeper, während er die Schnapsflasche betrachtete. Alec erstarrte plötzlich. „Wilmington…“, murmelte er. „Haben sie was gesagt?“, fragte der Barkeeper, während er die Flasche immer noch väterlich musterte. „Tut mir leid ich muss gehen! Ich bin in Eile.“, sagte Alec plötzlich und stand auf. „Werter Herr! Ich wollte sie nicht vertreiben! Um Buddhas Wille nein!“ „Kein Problem! Ich muss los. Auf Wiedersehen“ Alec lief fluchtartig zur Tür, riss sie auf und fand sich im beissenden Regen und Windsturm wieder. Während Alec sich in der Bar vertan hatte, hatte draussen das Wetter umgeschlagen. Alec stand eine Weile an die Wand gelehnt im strömenden Regen. Seine Haare waren bereits nass und die Tropfen fielen ihm von den Haarspitzen. Alec beruhigte sich langsam wieder und genoss das kühle Nass. „Ich bin völlig durch den Wind… Nur weil ich Wilmington gehört habe. Ist doch idiotisch… Scheiss Waisenhaus!“ Alec fluchte, gab sich einen Ruck und trottete genervt durch den Regen, auf sein Auto zu. Alec griff in seine Jackentasche und holte die Schlüssel heraus. Als er den Richtigen gefunden hatte und aufschloss, öffnete er die Wagentüre und setze sich hinein. Er schnallte sich an und schloss die Tür wieder. Alec liess den Autoschlüssel in die Zündung gleiten und legte den Kopf in den Nacken. „Beschissener Tag heute…“ Er blickte auf den eingebauten Radio und überlegte ob er ihn einschalten sollte. Musik half Alec oft, wieder auf den Erdboden zu kommen und keinen Amoklauf zu veranstalten. Nicht selten hatte Danne Mühe gehabt ihn davon abzuhalten. Doch meistens siegte Alec’s Vernunft und der Gedanke an das Aufsehen was er veranstalten würde und dass White Deer davon Wind bekommen könnte, wäre nicht gerade vorteilhaft.

 

Alec verwarf den Gedanken, das Radio einzustellen, wieder und fuhr los. Der Chevrolet Impala holperte die gepflasterte Strasse hinunter und Alec schaute düster durch die Windschutzscheibe. Die Scheinwerfer erhellten die Umgebung vor Alec’s Wagen. Plötzlich schreckte Alec auf, denn er hatte eine schwarze Gestalt vor ihm entdeckt. Er drückte mit aller Kraft auf die Bremsklötze und es warf ihn nach vorne. Der Gurt drückte ihn wieder zurück und der Karren rollte aus. Alec war wie vom Kopf gestossen. Heute erinnerte ihn einfach alles an seine Kindheit, denn dieses Erlebnis vor sechzehn Jahren war ihm bis heute geblieben. Beinahe hätte er einen Autounfall verursacht und jemanden überfahren. Alec hatte eigentlich keine Probleme mit dem töten, da er es als Beruf tat. Auftragskiller zu sein war nicht immer leicht, aber wenn man einen eisernen Willen und ein abgestumpftes Mitleidsgefühl besass, war es kein Problem. Die schwarze Gestalt war hingefallen, stand aber wieder auf als sie bemerkt hatte, dass das Auto zur Ruhe gekommen war. Sie trat einige Schritte vor und somit in den Lichtschein der Scheinwerfer des Autos. Es war Danne.


Weiter mit Chapter 2

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